1906 beschrieb der deutsche Nervenarzt Alois Alzheimer erstmals die eigenartige Krankheit der Gehirnrinde. Er hatte bei der verstorbenen Patientin Auguste Deter eine Obduktion ihres Gehirns durchführen können. Die Frau war im Alter von 51 Jahren in der Städtischen Anstalt für Irre und Epileptische von Alzheimer behandelt worden. Bereits in diesem Alter verhielt sie sich auffällig verwirrt und vergesslich. Sie wusste nicht viel mehr, als dass sie Auguste hieß und zeigte sich misstrauisch, aggressiv und weinerlich. Alzheimer stellte nach ihrem Tod, als sie ein Alter von 56 Jahren erreicht hatte, fest, dass die Hirnrinde der Frau deutlich geschrumpft war und sich in und zwischen den Nervenzellen ihres Gehirns Eiweißablagerungen befanden. Noch im gleichen Jahr stellte er seine Forschungsergebnisse auf der 37. Versammlung der Südwestdeutschen Irrenärzte  in Tübingen vor, wo diese zunächst überhaupt nicht ernst genommen wurden. Damals wurde noch angenommen, dass der Altersblödsinn auf einen unzüchtigen Lebenswandel zurückzuführen sei und keine biologischen Ursachen habe. Der Erforschung der Alzheimer-Krankheit wird erst seit den 60er Jahren vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet.

Die verwirrte Auguste Deter tätigte in ihrem Zustand die Aussage: Ich habe mich selbst verloren. Diese Aussage ist bezeichnend für die Alzheimer-Erkrankung, denn mit den Erinnerungen schwindet auch langsam die Identität des Menschen dahin, könnte man meinen. Über die ethische Richtigkeit dieser Aussage lässt sich gewiss streiten, doch Fakt ist, dass eine Alzheimer-Diagnose einschneidende Veränderungen für den Betroffenen und seine Angehörigen mit sich bringt.

Im Folgenden wollen wir uns diese Erkrankung einmal genauer anschauen:

Bei der Alzheimer-Demenz schrumpft das Gehirn um bis zu 20%, weil nach und nach Nervenzellen und deren Verbindungen untereinander absterben. An der Oberfläche des Gehirns vertiefen sich die Windungsfurchen und die Hirnkammern erweitern sich. Im sogenannten Riechhirn beginnt die Erkrankung und greift dann auf Hirnregionen über, die für das Gedächtnis zuständig sind. Eine gewisse Geruchsunempfindlichkeit könnte also schon ein Hinweis auf eine krankhafte Veränderung des Gehirns sein. Im Verlauf wird die gesamte Hirnoberfläche erfasst. Es kommt zu einer Verkümmerung (Atrophie) der Großhirnrinde, weshalb man von einer kortikalen Demenz spricht.

Die Nervenzellen sterben nicht einfach so. Die zunehmende Vereiweißung (Amyloidose) des Gehirns beginnt damit, dass große Eiweißkörper in Bruchstücke (Amyloide) zerfallen. Bei gesunden Menschen werden diese durch Enzyme aufgelöst und ausgeschwemmt, bevor sie zu fleckartigen Ablagerungen oder unlösbaren, dichten Faserbündeln verklumpen können. Aus bisher ungeklärter Ursache kommt es bei Alzheimer-Patienten zu einer starken Vermehrung der krankhaften Abbauprodukte und gleichzeitig zu einer Störung der Entsorgung eben jener. Lagern sich diese Eiweißbruchstücke in den Zellzwischenräumen ab, kann dies zur Zerstörung eines erheblichen Teils an Hirnzellen führen. Grund dafür sind zwei verschiedene Arten von Eiweißablagerungen: unauflösliche Plaques aus Beta-Amyloid und abnormale Tau-Fibrillen. Die Beta-Amyloid-Plaques bilden sich zwischen den Nervenzellen und in manchen Blutgefäßen. Dieser Prozess hemmt die Energie- und Sauerstoffversorgung im Gehirn und die Nervenzellen sterben ab. Die abnormalen Tau-Fibrillen bestehen aus unauflöslichen, gedrehten Fasern des Tau-Proteins. Diese stören die Stabilisierungs- und Transportprozesse in den Gehirnzellen, wodurch diese absterben.

Der Verlauf der Erkrankung

Die Alzheimer-Demenz wird in verschiedene Phasen unterteilt. Sie beginnt mit einer ausgedehnten Latenzphase, welche bis zu 20 Jahre oder mehr umfassen kann. In dieser Phase erfolgen die ersten krankhaften Umwandlungen im Gehirn, ohne dass konkrete Symptome ersichtlich sind. Die meisten Gehirnzellen sind während dieser Phase noch funktionstüchtig. Gehen immer mehr Nervenzellen zugrunde, übernehmen andere deren Funktionen ganz oder nur teilweise. Das Gehirn kann die Ausfälle anfangs also noch ganz gut kompensieren. Sind so viele Nervenzellen geschädigt, dass die verbliebenen Hirnzellen diesen Mangel nicht mehr kompensieren können, wird die Alzheimer-Demenz erst manifest und die Symptome ersichtlich. Auf die Latenzphase folgt ein etwa zwei Jahre andauerndes klinisches Vorstadium mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen. In diesem Stadium wird es sowohl für die Betroffenen als auch für deren soziales Umfeld ersichtlich, dass da etwas nicht stimmt und dass es sich vielleicht um eine Demenz handeln könnte. Wenn Betroffene und Angehörige dazu bereit sind, erfolgt an diesem Punkt dann früher oder später eine Diagnose. Aber egal ob eine Diagnose gestellt wurde oder ob der Weg zum Arzt vermieden wurde, nach diesem Vorstadium folgt die dritte und somit bösartige Phase. Diese dauert etwa fünf bis acht Jahre und umfasst verschiedene klassische Symptome. Sie kann auch deutlich länger dauern aber auch deutlich schneller gehen.

Oftmals sind die Symptome vielfältig und unspezifisch. Auch bei der Alzheimer-Demenz kann es zu Verwechslungen mit psychischen Störungen, vor allem der Depression, kommen. Zu den klassischen Symptomen gehören jedoch zunehmende Gedächtnis- und Orientierungsstörungen und Beeinträchtigungen der Sprache, Aufmerksamkeit und des komplexen Denkens. Im späteren Verlauf kommen noch massive Alltagsbeeinträchtigungen hinzu, bis hin zur Pflegebedürftigkeit und Bettlägerigkeit. Es schließt sich außerdem eine Veränderung der Persönlichkeit an. Besonders belastend für die Betroffenen ist die Zwischenphase, in welcher sie ihre fortschreitende Alzheimer-Erkrankung bewusst wahrnehmen. In dieser Phase kommt es häufig zu depressiven oder auch aggressiven Verstimmungen.

Im Verlauf der Alzheimer-Erkrankung wie auch im Verlauf der anderen Demenzformen kann es immer wieder zu Verhaltensweisen der erkrankten Person kommen, die für deren Umfeld herausfordernd sind. Grundsätzlich sollte man sich als An- oder Zugehörige:r eines Menschen mit Demenz immer bewusst machen, dass hinter diesen Verhaltensweisen keine Böswilligkeit steckt, sondern dass das die Symptome der Erkrankung sind. Es hilft, sich auf eine Ebene mit der erkrankten Person zu begeben, in deren Lebenswelt einzutauchen und nicht auf die eigene Realität zu beharren. Mehr dazu gibt es noch in einem separaten Blogartikel oder aber auch in dem kostenlosen Online-Workshop “Demenz verstehen”.

Ich hoffe, Sie konnten aus diesem Blogartikel einiges Wissenswertes zur Alzheimer-Demenz mitnehmen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit an mich wenden!

Quellen:

Alzheimer Forschung (2021): Die Geschichte der Alzheimer-Krankheit, 2021, https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/wasistalzheimer/geschichte-der-alzheimer-krankheit/ , letzter Zugriff: 12.12.2021

Bley, C.-H. (2015). Krankheitslehre (2. korrigierter Nachdruck). Georg Thieme Verlag KG.

Ekert, B., & Ekert, C. (2014). Psychologie für Pflegeberufe: Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege (3., komplett überarb. und erw. Aufl). Thieme.

Feichter, Martina (2018): Alzheimer, https://www.netdoktor.de/krankheiten/alzheimer/ , letzter Zugriff: 06.06.2021, 13:04 Uhr

Schmidtke, K., & Otto, M. (2017). Alzheimer-Demenz. In C.-W. Wallesch & H. Förstl (Eds.), Demenzen (3., unveränderte Auflage). Georg Thieme Verlag.

Steurenthaler, J. (2013). Dementagogik: Dementiell erkrankten Menschen neu und ganzheitlich begegnen. Springer VS.

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